Haushaltsrede 11.12.24 – Pascal Bothe
Herr Ratsvorsitzender, Frau Oberbürgermeisterin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren,
Ich bin kein Prophet, wenn ich sage, dass die Zeiten für kommunale Haushalte nicht einfacher geworden sind und es auch auf absehbare Zeit nicht werden.
Auch in 2024 blicken wir in unsichere Zeiten und hohe Volatilität, die sich auch im Haushalt niederschlägt. Goslar ist nicht allein – die Zeitungen melden nahezu täglich, dass kaum eine Kommune mehr den Haushaltsausgleich schafft. Alles hausgemachte Probleme? Oder doch Bürden aus Berlin oder Hannover? Großwetterlage? Gesamtkonjunktur? Die Lage bleibt volatil – und wir müssen hier auf kleinster Ebene reagieren.
Noch im letzten Jahr konnte ich sagen: „Erfreulich: Die Gewerbesteuer ist auf einem Rekordniveau und ist in nahezu unbekannte Höhen geklettert. Es zeigt sich, dass Goslar einen stabilen Branchenmix hat, der krisensicher scheint. Die Gewerbesteuer ist die zentrale Stütze unseres Haushalts.“ Zitat Ende. Die Gewerbesteuer als zentrale Stütze gilt noch immer – aber neue Rekorde sind nicht in Sicht.
Noch weniger erfreulich – trotz der hohen Einnahmen – steht in der Prognose für 2025 eine rote Zahl, die im Vergleich zur Einbringung des Haushalts 2024 noch einmal deutlich höher ausfällt.
Bevor ich auf einzelne Zahlen und Schwerpunkte eingehe, lassen Sie mich zu Beratungen selbst sprechen:
Ich bin sehr dankbar, dass die Fraktionen auch in diesem Jahr überwiegend erneut auf Anträge in Bezug auf einzelne, neue Haushaltsposten verzichtet haben. Den Finanzausschuss als Fachausschuss zu nutzen, war häufig die Folge. Denn ist es nicht eher auch Aufgabe des ZDF, das große Ganze im Blick zu haben? Sowohl die AG Finanzen als auch der ZDF haben sich daher in diesem Jahr erneut mit den großen Linien befasst – und das ist auch gut so! Das Klima der Beratungen war auch in diesem Jahr sehr angenehm. Vielen Dank an alle Kolleginnen und Kollegen des Rates!
Und auch mit diesen großen Linien hatten wir schon gut zu tun. Sehr intensiv sind die Fraktionen die einzelnen Listen, die einzelnen Investitionen durchgegangen und haben sich die Frage gestellt: was ist denn überhaupt machbar? Machbar, gar nicht zuvorderst aus finanzieller Sicht, sondern aus tatsächlicher Sicht – wo kann im kommenden Jahr der Bagger rollen, wo können noch Planungen vergeben werden? Wo sind gar noch Aufträge aus 2022, 2023, 2024 nicht abgewickelt oder schon im Gange. Ein besonderer Fokus lag hier auf dem Bereich des Strassenbaus und der Gehwegsanierung – hier hat es einen Beschluss gegeben, die Mittel um 1 Mio. EUR VE zu erhöhen. Das hilft, wir haben als Politik aber auch eine klare Erwartungshaltung, dass dies umgesetzt wird. Wir wissen, dass dies kein Spaziergang wird – die Haushaltsreste zeigen dies. Ein Blick in die Zahlen ist dann fast ernüchternd:
Nach heutiger Prognose geht man von der Bildung von Haushaltsresten
Konsumtiv
HAR 2022: 2.832.362, 96 EUR
HAR 2023: 1.908.927,16 EUR
Investiv:
HAR 2022: 27.625.764,38 EUR
HAR 2023: 33.844.339,74 EUR
In Summe damit fast 36 Mio. EUR Haushaltsreste. Und in Summe fast 6 Mio. EUR mehr als im Vorjahr.
Aber ist das nicht ein Luxusproblem, Geld nicht ausgeben zu können?
Mit Blick in die Zukunft muss man sagen, dass wir uns eher mit der Frage des Machbaren im finanziellen, statt im tatsächlichen Sinne werden befassen müssen. Stichwort: Haushaltssicherungskonzept!
Gemäß NKomVG haben die Kommunen ihre Haushaltswirtschaft so zu planen und zu führen, dass die stetige Erfüllung ihrer Aufgaben gesichert ist. Kann ein Haushaltsausgleich nicht erreicht werden, ist ein Haushaltssicherungskonzept vorzulegen.
Hintergrund dafür ist insbesondere, dass die dauernde Leistungsfähigkeit der Kommune gewährleistet ist, Fehlbeträge abgebaut werden und eine Überschuldung vermieden wird.
Im Haushaltssicherungskonzept ist festzulegen,
§ wann der Haushaltsausgleich wieder erreicht wird und/oder
§ wie die drohende Überschuldung verhindert werden und/oder
§ wie die bestehende Überschuldung abgebaut werden soll.
Zielsetzung ist es, den Haushaltsausgleich innerhalb des Zeitraumes der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung wieder zu erreichen und den Abbau von Fehlbeträgen aus Vorjahren innerhalb der vorgesehenen Frist von sechs Jahren sicherzustellen.
Das ist ein Thema, mit dem wir uns beschäftigen werden – es war einhellige Meinung in den Gremien, dass wir ein Haushaltssicherungskonzept auflegen müssen. Es ist verabredet, dass sich die Gremien hierzu kurzfristig austauschen und die Verwaltung mit der Definition der Parameter beginnt. Mit Blick auf die Zeit haben wir denke ich einen guten Kompromiss erzielt, dass wir für 2025 auf die formale Aufstellung verzichten, aber den Prozess bereits beginnen und erste Maßnahmen umsetzen. Mit dem Haushalt 2026 ist dann ein formales HHSK vorzulegen.
Denn bei allen Notwendigkeiten werden unsere Entscheidungen heute den Spielraum in der Zukunft einschränken.
Wir müssen als Politik gemeinsam die Entscheidung treffen, wie wir mit dieser Finanzsituation umgehen. Verschuldung scheint unvermeidlich, das zeigt das aktuelle Jahr, das hat das letzte Jahr gezeigt, das zeigt leidlich der Ausblick.
Aber die Themen werden weiter zunehmen, was die Situation nicht einfacher macht: Wir alle kennen die Zusammenstellung des GGM: Schulen, Mensen, Kindergärten, Feuerwehr: Hier werden wir uns mit Blick auf 2025 und die Folgejahre weiter intensiv damit befassen müssen: was ist Pflicht aufgrund gesetzlicher Grundlage? Was ist elementar für die Stadtentwicklung? Und was ist Kür? Aber auch das Land muss hier klar aus den Kommunen den Wink bekommen, dass ein gesetzlicher Anspruch auf den Ganztag auch Geld kostet, mit dem die Kommunen nicht alleine gelassen werden dürfen. Die Investitionsthemen sind groß.
Auch in 2025 ist die Quote der Investitionen daher hoch:
Investitionssumme 2025 (sowohl vor und auch nach Haushaltsberatungen)
Investive Auszahlungen 2025 Entwurf HPL: 19.363.700 EUR
Investive Auszahlungen 2024 Endfassung: 19.394.300 EUR
Am Ende stellt sich die Frage, wie dies alles finanziert wird – und leider wird es im kommenden Jahr eine sehr deutliche Nettoneuverschuldung geben.
Bereits in 2024 sah der Haushaltsansatz leider bereits eine Nettoneuverschuldung von rund 7,5 Mio EUR. Für 2025 sieht es dramatischer aus:
– Nettoneuverschuldung und Tilgungsleistung 2025 ff.(sowohl vor und auch nach Haushaltsberatungen)
2025 2026 2027 2028 Entwurfstand Endstand Entwurfstand Endstand Entwurfstand Endstand Entwurfstand Endstand in EUR In EUR in EUR In EUR in EUR In EUR in EUR In EUR Kreditaufnahme 14.715.100 14.745.700 16.329.700 17.422.200 3.161.000 3.198.500 1.930.600 1.930.600 ordentliche Tilgung -1.780.400 -1.784.700 -1.950.800 -1.954.400 -2.075.000 -2.077.900 -2.128.700 -2.130.800 außerordentliche Tilgung 0 0 0 0 0 0 0 0 Netto-Neuverschuldung 12.934.700 12.961.000 14.378.900 15.467.800 1.086.000 1.120.600 -198.100 -200.200
Ich habe das Stichwort Haushaltssicherungskonzept eben schon benannt: Die Politik wird sich, und das ist mein klarer Wunsch, nun schon sehr bald mit den anstehenden Ausgaben weiter befassen müssen. Wir haben damit bereits begonnen. Wir werden alte Prioritäten hinterfragen und neue Beschlüsse fassen müssen – und das wird und kann auch dazu führen, dass einzelne Projekte neu definiert und hinterfragt werden. Das wird politisch auch schmerzhafte Entscheidungen verlangen – umso wichtiger ist ein Klima, wie wir es in diesen Haushaltsberatungen hatten.
Insgesamt haben diese Haushaltsberatungen verdeutlicht, dass der Entscheidungsspielraum enger wird – eigene, politische Schwerpunkte zu setzen, fällt schwer bei der Fülle an Maßnahmen, die es umzusetzen gilt. Die politischen Gremien haben daher in diesen Haushaltsberatungen nur geringe Eingriffe in den Haushalt vorgenommen. Sehr intensiv wurde dabei zum Thema Straßenbau diskutiert und fraktionsübergreifend beschlossen – ich bin sicher, dass die Kollegen der Antragsteller darauf in ihren Reden noch eingehen werden.
Als einfach hat sich die Beratung zum Stellenplan erwiesen – denn es gab nur geringe Stellenveränderungen. Ich möchte daher auch an dieser Stelle noch einmal darauf verweisen, dass wir übergreifend die Organisationsanalyse angestoßen haben. Hier geht es primär gar nicht darum, Stellen zu sparen und zu streichen, sondern Bedarfe und Maßstäbe zu erkennen. Aber gleichwohl darf die Politik auch den Auftrag an die Verwaltung formulieren Einsparvorschläge zu machen. Hier bin ich auf den in 2025 richtig beginnenden Prozess der Umsetzung von Ergebnissen aus der Organisationsanalyse gespannt.
Kostensteigerungen sind dennoch deutlich zu sehen – und dies zeigt ein stückweit das Dilemma, in dem sich kommunale Haushalte aktuell bewegen. Denn ohne weitere Veränderung von Strukturen oder Hinzunahme von Projekten steigen die Fixkosten der Verwaltung. Haben Rat und Verwaltung in den richtig guten Jahren zu viel an Struktur aufgebaut, die man nun nicht mehr handeln kann? Die von Jahr zu Jahr teurer wird?
Auswirkungen Personalkostensteigerungen im Kern HH:
– Effekt Steigerung Personalkosten (absolut)
Steigerung 2023 29.766.000,00 2024 33.530.700,00 3.764.700,00 2025 35.510.700,00 1.980.000,00
Abschließend darf ich mich bei der Verwaltung, wie immer vor allem Felix Goerz und seinem Team, Herrn Becker für die gute Arbeit, für die gute Vorbereitung bedanken – aber selbstverständlich auch bei Herrn Kasties und seinem Team rund um Frau Klischat.
Ihnen allen eine frohe Weihnacht und einen guten Rutsch in das neue Jahr!
Vielen Dank.