Goslars CDU rüstet voller Optimismus für kurzen Winterwahlkampf
Bericht in der Goslarschen Zeitung vom 15.11.2024 von Frank Heine
Mario Hoffmeister bleibt Chef der Goslarer CDU, die im Vorstand auf den Beisitzer-Posten jünger und weiblicher wird. Die Christdemokraten spüren viel Rückenwind für Berlin, knabbern aber auch noch am Auftritt von Axel Bender beim Kreisparteitag.
Goslar. Bewährte Kräfte und neue Gesichter bilden den neuen Vorstand der Goslarer CDU, der vor allem mit seiner Beisitzer-Riege deutlich jünger und weiblicher wird. Die Christdemokraten schwören sich zudem auf einen heißen Bundestagswahlkampf in kühler Jahreszeit ein, wobei die Wortwahl bei der rund Zweieinviertelstunden dauernden Mitgliederversammlung am Mittwochabend in der „Deutschen Eiche“ in Immenrode noch vergleichsweise moderat ausfiel. Ein Immenröder CDU-Mann beschwor die eigene Partei, alles für den Erhalt der K24 als Autostraße zu tun. Ein Goslarer wurde für ein langes CDU-Leben geehrt. Und ein namentlich nicht genannter Promi-Christdemokrat erhielt in Abwesenheit, aber mit klaren Spitzen zu verstehen, wie Kreis- und Fraktionsvorsitzender sein jüngstes Verhalten bewerten – nämlich mindestens suboptimal.
Alt und Jung am Tisch
Glühwein und Suppe hatte Gastgeber Franz Petermann gesponsert. Der für den Wahlkreis Goslar-Northeim-Göttingen II bereits nominierte Oberharzer Dr. Constantin Weigel – fünf Tage zuvor 30 Jahre alt geworden – nahm zielsicher Platz am Tisch von Goslars CDU-Grandseigneur Otto Fricke, der 92 Lenze zählt und sich gerade erst von einem schlimmen Sturz beim Kreisparteitag in Altenau erholt hat. Apropos Kreisparteitag: Mitte September hatte dort mit einer vorher geheim gehaltenen Kandidatur Axel Bender den Kreisvorsitzenden Ralph Bogisch herausgefordert, sich letztlich aber eine Niederlage eingehandelt.
Der Hahnenkleer Bender, erfolgloser CDU-Bewerber 2021 für das Landratsamt und an der Spitze des Stadtverbands Mitte Mai 2022 von Mario Hoffmeister abgelöst, blieb am Dienstag dem Treffen fern, das Versammlungsleiter Bogisch mit einem Lob für den Vorstand begann und Hoffmeister versicherte: „Mario, ich schätze deine Loyalität.“ Zwischen ihnen gelte jedenfalls das gesprochene Wort. Was „nach den Erfahrungen von Altenau besonders hervorzuheben“ sei.
Später legte Norbert Schecke nach, der beide „Kontrahenten“ – Bender und Bogisch – in seiner Ratsriege sitzen hat. „Die Vorkommnisse auf dem Kreisparteitag treiben mich bis heute um“, gab er zu. Informationen, die bei ihm zusammenlaufen, habe er bislang sehr offen weitergegeben. Geht das noch? „Das Team macht es aus“, hatte Schecke vorher zur Arbeit im Rat gesagt. Gegen eine Kampfkandidatur sei eigentlich nichts zu sagen. „Aber es geht nicht um das Warum, sondern um das Wie: Welche Ziele haben wir? Wie gehen wir miteinander um?“, schob er nach. Klang nicht so, als habe Bender bei ihm Punkte gesammelt.
Wieder- und neugewählt
Zurück zum Stadtverband: Bei den Wahlen gab es nach den Ankündigungen vorher keine Überraschungen. Mario Hoffmeister bleibt die nächsten zwei Jahre Vorsitzender. Er erhielt 33 Ja-Stimmen bei zwei Enthaltungen und drei negativen Voten. „Ich werde auch die restlichen drei noch überzeugen“, erklärte der 57-jährig Ex-Ratsherr, der beruflich die Kommunikationsabteilung der Gauselmann AG leitet. Die Hahnenkleerin Dr. Petra Haumann, die die Fraktion im Ortsrat führt, bleibt Vize (37 Stimmen). Der Goslarer Ratsherr Michael Deike aus Vienenburg (33) kehrt zurück auf den Posten. Der 32-jährige Hahndorfer Nils Maibaum (32) ist ein neues Gesicht. Beruflich bei einer VW-Tochter in Salzgitter beschäftigt, hat er 2019 ein Haus im Stadtteil bezogen und ist seit sechs Jahren in der Partei.
Die Kontinuität auf dem Schatzmeister-Posten wahrt Sebastian Skorzinski (35). Er führt die CDU-Kassen in Kreis und Stadt, verkündete ein aktuelles Guthaben von 8800 Euro. Bis zum Jahresende sollte es in den fünfstelligen Bereich angewachsen sein – auch ein Fingerzeig für den Wahlkampf. Ein Comeback auf einem Funktionsposten feiert der frühere Fraktionschef und Schecke-Vorgänger Dr. Frank Schober, der künftig als Schriftführer agiert (35). In Abwesenheit wurde Ratsherr Claus Roschanski (38) mit dem besten aller Ergebnisse als Mitglieder-Beauftragter bestätigt. Derzeit zählt die CDU 218 Mitglieder – 14 weniger als vor einem Jahr bei neun Eintritten in 2024.
Wieder nur eine Frau vorn dabei? Ja. Aber ein Blick auf die neue Beisitzer-Riege spricht eine andere Sprache. Neben dem früheren Goslarer Ortsbrandmeister Olaf Laue (32) und die Hahnenkleer Ortsrätin Sabine Neumann (33) mischen künftig Lisa Broihan (34), Snehalata Probst-Bodmann (34) und Amy Deetz (35) mit. Namen, die vielleicht für die nächste Kommunalwahl vorzumerken sind? Im Rat hat Schecke nach dem Mandatsverzicht von Nina De Febo nur noch Männer sitzen und weiß um die Wirkung („weibliche Expertise ist gut und wichtig“).
Immerhin: Der Name Broihan hat in der CDU einen guten Klang, Lisas Mutter Almut war als Power-Politikerin aus Lengde lange in Rat und Kreistag aktiv. Amy Deetz hat anders als Bender sogar schon einmal gegen Dr. Alexander Saipa gewonnen. Die 18-jährige Schülersprecherin vom CvD-Gymnasium machte erfolgreich gegen das Party-Verbot des Landrats für die Goldene Aue mobil.
Und die Goslarer Fliegerhorst-Kinderärztin Snehalata Probst-Bodmann dürfte für junge Familien ein bekanntes Gesicht sein.
Mit seinen jetzt gerade mal 30 Lenzen passt der junge Bundestagskandidat Weigel bestens in diese junge Reihe. Er gab offen zu, dass er über das Ampel-Aus aus persönlicher Perspektive zunächst schon erschrocken gewesen sei. Als Unternehmer für 16 Mitarbeiter verantwortlich hatte er terminlich einfach anders geplant, sich in den nächsten Wochen bei den Stadtverbänden vorstellen und einfach später in den Wahlkampf starten wollen. Eine Woche später sei er aber überzeugt, dass der neue Wahltermin im Februar für alle eine gute Sache sei. Die CDU erfahre gerade einen enormen Rückenwind, den es zu nutzen gelte. Und SPD-Kanzler Olaf Scholz bekleckere sich aktuell wirklich nicht mit Ruhm. Weigel erklärte, er stehe für Planungssicherheit für Investoren und wirtschaftlichen Aufschwung mit mehr Jobs für Deutschland. Als Ingenieur sei er gewohnt, dass die Naturgesetze nicht verhandelbar seien: „Ein Apfel fällt immer nach unten vom Baum.“ Und so gebe es auch klare Richtlinien für die Politik. Für den Wahlkampf setzt er auf ein zehnköpfiges junges Team, das auch und vor allem die Social-Media-Kanäle bedienen soll.
Weigel erhielt für seinen kurzen Auftritt donnernden Applaus, der später nur noch von den stehenden Ovationen für Peter Schmidt übertroffen wurde. Ihn ehrte Bogisch für sechs CDU-Jahrzehnte, in denen er nie in der ersten Reihe, aber stets zuverlässig zur Partei gestanden habe. Vater Franz Schmidt war nach dem Weltkrieg in den ersten Goslarer Rat eingezogen, als die Engländer nach Unbelasteten für solche Aufgaben gesucht hatten. Bruder Wilfried Schmidt hatte lange Jahre die Fraktion im Rat geführt – als Vorgänger von Schober und Schecke.
„Knapp an die 50 Prozent“
Was wünscht sich Schmidt für den Wahlkampf und Weigel? „Dass wir knapp an die 50 Prozent kommen“, erklärte Schmidt mit einem verschmitzten Lächeln. Wobei ein Wahlkreissieg mit einem knackigen Resultat enorm wichtig werden könnte. Nach der Wahlrechtsreform und einem quantitativ limitierten Bundestag ist es möglich, dass ein solcher Sieg nicht automatisch nach Berlin führt. „Ich will ein blitzsauberes Ergebnis“, erklärte Bogisch und empfahl wie auch Deike, mit der Zweitstimme nicht taktisch zu wählen, nicht nach rechts und links zu sehen und sich nur und ausschließlich auf die CDU zu konzentrieren. „Der Markenkern muss auf die Straße“, sagte Bogisch. Zuvor hatte Hahnenklees Ortsbürgermeister Heinrich Wilgenbus angemerkt, er fühle sich unwohl bei einer möglichen Kooperation „mit der russischen Drohne, die Prada trägt“ – eine Oberharzer Umschreibung von Sahra Wagenknecht.
Griffige Grußadressen
Der alte und neue Vorsitzende hatte natürlich auch noch griffige Grußadressen für Bund und Stadt in petto. Die Vertrauensfrage am 16. Dezember sei das „schönste Weihnachtsgeschenk“, das Olaf Scholz Deutschland machen könne. Die Regierung habe nie wirklich zusammengefunden. Und in Goslar habe sich viel positive Energie verflüchtigt, seitdem Urte Schwerdtner (SPD) Dr. Oliver Junk (CDU) an der Stadtspitze abgelöst habe. Es sei nur noch wenig vom „Optimismus und Schwung“ zu spüren, den es unter Junk noch gegeben habe: „Mehltau hat sich über Goslar gelegt“. Schecke wiederum hatte – unabhängig von der Oberbürgermeister-Personalie – seiner Fraktion seit 2021 eine deutlich verbesserte und inzwischen anerkannte Position in der Ratspolitik bescheinigt. Sie sei am wichtigen Punkt Stadtentwicklung „elementar beteiligt“ und nehme gerade „bei den Strukturen viel Einfluss“.
Und dann war da noch der Auftritt eines Lokalpatrioten. „Wir sind stinksauer, dass man uns die K24 wegnehmen will“. Der Immenröder Christdemokrat Karl-Hermann Kress beteuerte, „der kürzeste Weg nach Vienenburg ist über die Jahrhunderte entstanden“. 1600 Immenröder wollten dort weiterhin mit dem Auto fahren und keinen „Fahrradschnellweg“ haben, was 100 von ihnen vor zwei Monaten auch Landrat Saipa an gleicher Stätte mit auf den Weg gegeben hätten (die GZ berichtete).
Derzeit dürfe man auf einer Seite Tempo 70 und auf der anderen Seite Tempo 50 fahren. Wo sei denn da die Logik? Und überhaupt: „Dass ihr die Ortsräte abgeschafft habt, war die größte Pleite, die ihr je gemacht habt.“ Schecke erinnerte an seinen Änderungsantrag im Kreistag, den er mit der FDP eingebracht habe. Die SPD habe aber bereits Ablehnung signalisiert. Deshalb blieb ihm nur zu sagen: „Ich drücke den Immenrödern die Daumen.“