Ratsgottesdienst 12.11.2023

Redebeitrag unseres Fraktionsmitglieds Ralph Bogisch

Ein Kind unserer Zeit ist ein Roman von Ödön von Horváth. Er erschien 1938, kurz nach dem Tod des Autors. Das Buch erzählt die Geschichte eines Soldaten in einem Land mit diktatorischen Führern.

Der Ich-Erzähler, ein anonym bleibender Soldat, ist die Hauptperson des Romans; geboren wurde er 1917. Seine erste Erinnerung ist der Tod der Mutter. Er ist arbeitslos und zieht wegen ideologischer Differenzen bei seinem Vater aus. Nun muss er betteln und ist auf die Wohlfahrt angewiesen. Sein Hass auf die schöne Jugendzeit seines Vaters und auf das gemütliche Leben anderer steigt, und immer mehr identifiziert er sich mit Ansichten des Nationalsozialismus.

Der Krieg, den er verherrlicht, gibt ihm, einem desillusionierten Menschen, Hoffnung. Er will zum Militär, denn in der Uniform, so glaubt er, sei er stark und in der Truppe nicht mehr allein. Als er rekrutiert wird, erfüllt sich für ihn ein Traum.  

Schnell gelangt er nach einem Überfall eines Landes an die Front. Sein Hauptmann hat die vielen Kriegsverbrechen seiner Truppe satt und läuft im Kampf in den Tod. Der Soldat will ihn noch retten und wird am Arm verletzt. Er kommt ins Lazarett und beginnt, nachzudenken. 

Wehrdienstunfähig kehrt er zurück, später wandert er durch die Nacht und sieht die Unsinnigkeit des Krieges und der nationalsozialistischen Gedanken ein, doch eigene Schuld verleugnet er. Im Schneesturm erfriert der Soldat auf einer Bank.

Hieraus abgeleitet unser heutiges Thema – ein Menschenskind unserer Zeit

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Unsere Zeit – in was für einer Zeit leben wir?

wir leben zweifelsohne in einer unruhigen., instabilen Zeit

wir leben in einer Zeit kriegerischer Auseinandersetzungen

wir leben in einer Zeit mit vielen Krisen und Konflikten – offene wie latente Konflikte

Das globale Konfliktbarometer des Heidelberger Instituts für internationale Konfliktforschung (HIIK) weist mit 40 vollentfalteten Kriegen eine anhaltend hohe Zahl gewaltsamer Konflikte aus.

Der Schrecken des Krieges ist von uns scheinbar schnell verdrängt, der Krieg ist scheinbar weit weg

Wir haben uns, entgegen unserer Wünschen im letzten Jahr, an die Bilder, die Nachrichten gewöhnt

Krieg wird inzwischen zugelassen, Krieg wird unterstützt, ja Krieg wird sogar gerechtfertigt.

Die Unruhen an unterschiedlichen Orten und die Reaktionen der Weltgemeinschaft scheinen weitere Protagonisten zu animieren und zu ermutigen, aus latenten Konflikten kriegerische Auseinandersetzungen werden zu lassen.

Autokratische, radikale Ideologien haben die Phase der Entspannung und Verständigung abgelöst

Imperialistische Ideen sind offenbar wieder gesellschaftsfähig.

Die aktuellen Ereignisse um Russland und China stehen paradigmatisch für die zentrale Auseinandersetzung, die das internationale Konfliktgeschehen seit Anfang der 2010er Jahre prägt. Gemeint ist der globale Ordnungskonflikt, in dem sich pro- autokratische Regime, Parteien und Bewegungen auf der einen Seite und demokratische und pro-westliche Regierungen und Organisationen auf der anderen Seite gegenüberstehen.  

Es entwickelt sich eine neue Weltordnung, in der einzelne autokratische Protagonisten um eine Vormachtstellung ringen.  

Ich wünsche mir, dass wir – wie im Roman- die Unsinnigkeit des Krieges und die Gefahr autokratischer Systeme erkennen.

Wichtig ist in der aktuellen Zeit, dass die übrige Weltgemeinschaft sich solchen Entwicklungen entgegenstellt.

Die Vereinigten Nationen, die UN sind gefragter denn je – als Instrument für Ausgleich, Entspannung, als Organisation für Vermittlung und Frieden.

Wir Demokraten sind gefragter denn je – denn in der eben geschilderten Auseinandersetzung dürfen wir nicht müde werden, für Demokratie, für Freiheit und Frieden zu werben – und uns deutlich gegen Autokratie, Unterdrückung und Krieg zu positionieren und zu stellen.

Ein Menschenkind – wer schützt die Menschenkinder?

Wir alle kennen die Bilder im Fernsehen und Internet – von zerstörten Häusern in den Krisengebieten

Auf den durch Raketen verursachten Trümmerbergen stehen Menschen – häufig Frauen, Jugendliche und Kinder.

Was ist mit den vielen Unbeteiligten auf beiden Seiten der Konfliktparteien, was ist mit den vielen ungeschützten Zivilisten, die unverschuldet, ungefragt in den Konflikt und den Krieg einbezogen wurden, 

was ist mit den Menschen, die gegen den Krieg sind – ich bin überzeugt, dass es in den Konfliktgebieten viele davon gibt.

Was ist mit den vielen Kindern, die kein Urteilsvermögen haben, die Auseinandersetzung nicht verstehen, unbeteiligt in die Situation hineingeraten sind?

Es geht mir heute um diese Menschenkinder.  

Denken wir heute besonders an diese, denn sie sind unverschuldet in die Gefährdungssituation gelangt und sind besonders schutzbedürftig.

Krieg ist bekanntlich nur als letztes Mittel erlaubt: Wenn alle friedlichen Methoden nicht erfolgreich waren.  Alleine dieser Grundsatz, dieser Maßstab wurde gerade in den aktuellen kriegerischen Konflikten nicht ausreichend geprüft und berücksichtigt.

Nimmt man alle normativen Grundlagen der Menschenrechte, des Völkerrechts und der Friedensverträge zusammen, dann lässt das darin weltweit anerkannte Prinzip nur folgenden Maßstab für die Bewertung von Krieg zu: Militärische Gewalt ist ausschließlich als Gegengewalt zulässig, als Abwehr des ausnahmslos verbotenen Angriffskrieges oder sonstiger bewaffneter Aggression. Die einzige heute noch mögliche Rechtfertigung des Krieges läuft auf ein reines Notwehr- und Nothilferecht hinaus, auf ein Recht zur Friedenserzwingung.

Werden wir uns dieser Vereinbarungen in der Weltgemeinschaft wieder bewusst und fordern deren Einhaltung ein. Für den Schutz der Menschenkinder. 

Dann wird unsere Zeit wieder eine Zeit der Menschlichkeit und des Friedens!

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