Die Nutzung der Potentialflächen für Windenergie ist ohne tragfähige Bedenken nicht zu verhindern.

Rede im Rat am 01.04.2025

Was beschließen wir heute?

Wir entscheiden heute nicht über Flächen für Windenergie, sondern über eine Stellungnahme der Stadt Goslar, inwieweit begründete Einwände oder Hinderungsgründe für die ausgewiesenen Potentialflächen für Windenergie bestehen.

Und wir dürfen erinnern, dass die Planungshoheit dem Regionalverband obliegt.

Der Regionalverband legt im regionalen Raumordnungsprogramm Vorranggebiete für Windenergienutzung fest und steuert so die Verteilung von raumbedeut-samen Windenergieanlagen (WEA) im Verbandsgebiet.

Das Ziel bis 2027 ist klar definiert mit 2,46 % der Flächen im Verbandsgebiet für Windenergie und bis 2023 sollen es 18 % sein.

Die im derzeit ausgelegten regionalen Raumordnungsprogramm ausgewiesenen Vorrangflächen für Windenergie berücksichtigen das knappe Ziel von 3,18 %.

Jede Änderung bedeutet somit auch immer eine zeitliche Verzögerung, um die selbst gesetzten Klimaziele und die Energiewende zu erreichen.

Jeder Einwand bedeutet eine Einschränkung, eine Reduktion des Flächenziels und damit eine Verschiebung der Zielvorgabe. Das sollte uns bewusst sein.

Konsequenz ist: Erreichen wir die Ziele aus dem Raumordnungsprogramm nicht, entfällt das Planungsinstrument der Vorranggebiete mit Ausschlusswirkung, d. h. auch außerhalb der ausgewiesenen Gebiete können ohne Beachtung der Vorgaben aus der Raumordnung Windenergieanlagen beantragt und gebaut werden – es fallen Einzelfallentscheidungen im Wege von Baugenehmigungsverfahren.

Wir verlieren somit die Steuerungsmöglichkeit und gewinnen Wildwuchs.

Deshalb bitte ich zu bedenken, dass die Ablehnung und das Herausnehmen von Flächen weitreichende Konsequenzen haben.

Die Stellungnahme der Verwaltung ist für uns weitestgehend nachvollziehbar und folgerichtig.

Aufgefallen ist uns lediglich, dass die Ausführungen zur Fläche der Biogasanlage Diestelkamp nicht nachvollziehbar sind. Im entsprechenden Bebauungsplan haben wir keine Hinweise für eine zulässige Wohnnutzung gefunden. Nach Angaben des Eigentümers wäre eine Wohnnutzung auch tatsächlich nicht realisierbar, da keine ausreichenden Versorgungsanschlüsse vorhanden sind. Wir bitten dies ggf. nochmals zu überprüfen, um Rechtssicherheit zu erhalten.

Zum Änderungsantrag der SPD:

Uns verwundert, dass im Rahmen der Beteiligung der Stadt eine Stellungnahme genutzt wird, um eine neue Flächendiskussion zu führen.

Das Herausnehmen von prädestinierten Flächen bedeutet, dass das Problem an einen anderen Ort verdrängt wird- nur das löst dies das Problem nicht. 

Politik hat aber die Aufgabe, an Lösungen für solche Konflikte zu arbeiten.

Wie soll das ohnehin ambitionierte Ziel alternativ erreicht werden?

An Manfred Dieber (Ortsvorsteher vom betroffenen Ortsteil Lochtum):

Es ist legitim, sich als Lochtumer für seine Ortschaft einzusetzen, aber die SPD-

Fraktion, deren Mitglied er ist, ist allerdings einmal angetreten mit dem Slogan „die ganze Stadt im Blick“.

Ich appelliere daher an die Gesamtverantwortung für alle Bürger in Goslar, die hinter dem Thema Klimaschutz, Energiewende stehen, sich bezahlbare Energie wünschen und dafür Windenergie benötigen.

Ja – Einwände der Bürger wollen und müssen wir ernst nehmen

Ernst nehmen bedeutet für uns nicht, dem Widerstand nachzugeben.

Demokratie muss unterschiedliche Positionen aushalten

Wir haben die Position vernommen und haben Verständnis dafür

Wir möchten – und auch das ist Demokratie – unsere Position einbringen.

Vielleicht helfen unsere Argumente, die Sorgen und Bedenken aufzuklären oder zu relativieren.

Die Nutzung der Potentialflächen für Windenergie ist ohne tragfähige Bedenken nicht zu verhindern. Wir haben nur bedingt das Planungsrecht. Auch die Vertreter der SPD haben der Vorgehensweise im Regionalverband zugestimmt (!!).

Die Herausnahme von Potentialflächen birgt das bereits erwähnte Risiko in sich, die Steuerungsmögklichkeit der Regionalplanung zu verlieren

            Bau der Anlagen ist Wirtschaftsfaktor:

Zu bedenken bitte ich auch die finanzielle Beteiligung an den Akzeptanzabgaben sowie am gewerblichen Betrieb sind nicht zu verkennen, diese können im Übrigen bei entsprechender Organisation und Rechtsform direkt für die Ortschaft eingesetzt werden

Zum Argument „Landschaftsbild“ erlaube ich mir, auf die Ausführungen des Regionalverbandes sowie der einschlägigen Rechtssprechung zu verweisen:

Von besonderer Bedeutung – und mit hohem Gewicht in der Abwägung berücksichtigt – sind Landschaftsräume hoher Eigenart und Strukturvielfalt, die bisher vglw. störungsarm sind und sich durch eine gewisse Seltenheit oder gar Einmaligkeit im Planungsraum auszeichnen. Eine erstmalige Beeinträchtigung derartiger Landschaftsräume durch WEA soll nach Möglichkeit vermieden werden.

Bisher haben andere Industrieanlagen das Landschaftsbild bereits beeinflusst – im Übrigen unter hoher Akzeptanz der Bevölkerung.

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, das eine Verunstaltung i. S. BauGB und im Zusammenwirken mit den Vorgaben des BNatSchG zur Eingriffsregelung voraussetzt, dass das Bauvorhaben für das Orts- und Landschaftsbild in ästhetischer Weise grob unangemessen ist und auch von einem für ästhetische Eindrücke offenen Betrachter als belastend empfunden wird.

Die durch WEA zweifellos bewirkte Veränderung des Landschaftsbildes kann allein für sich genommen damit noch nicht als dessen Verunstaltung gewertet werden. Vielmehr ist eine Verunstaltung des Landschaftsbildes durch WEA nur in Ausnahmefällen anzunehmen, nämlich wenn es sich um eine wegen ihrer Schönheit und Eigenart besonders schutzwürdige Umgebung oder um einen besonders groben Eingriff in das Landschaftsbild handelt.

Die genannten Anforderungen an eine unzulässige Verunstaltung des Landschaftsbilds durch WEA wurden im Zuge der Ausweisung der Potentialflächen durch den Regionalverband intensiv geprüft und bereits berücksichtigt

Vor diesem Hintergrund bitten wir, keine weiteren Einschränkungen der Vorrangflächen vorzunehmen.

Ralph Bogisch

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